Wozu ein Klosternetzwerk?

Die Idee ist eigentlich ganz naheliegend: Fast jede Weltreligion hat Klöster oder auch vergleichbare religiöse Lebensgemeinschaften hervorgebracht und überall, wo es Klöster gibt, sind die Parallelen auffällig: Askese und Weltabgewandtheit auf der einen Seite, kulturelle Leistungen auf der anderen. Klöster als (zeitweise) Faktoren der Politik und Klöster als Gestalter von Landschaft und Wirtschaftsräumen. Es gibt außerdem ein unübersehbares Verhältnis klösterlicher Kultur zur Schriftlichkeit. Das ist die Voraussetzung für die Bildung von kollektivem Gedächtnis und des Bewußtseins von Geschichtlichkeit. Klöster sind Zentren der Innovation, der Verdichtung und der Vermittlung von Wissen. Klöster sind Werte-Reservoirs und damit gerade für den heutigen Menschen Orte zum Innehalten, zur Besinnung auf sich selbst und seine Umwelt, des überdenkens eigener Prioritäten.

Das Verbindende an dem im Aufbau befindlichen Klosternetzwerk ist zunächst der UNESCO-Welterbestatus, der sich zumeist auf ein Bauwerk oder ein bauliches Ensamble bezieht. Weiterhin sollen die Klöster unseres Netzwerks aktive Klöster sein - es sollte also noch Nonnen, Mönche oder Geistliche dort geben. Drittens wird erwartet, daß die Netzwerk-Klöster im Kontext ihrer jeweiligen nationalen Kulturen eine exponierte Rolle spielten oder immer noch spielen. Viertens ist es wichtig, daß die Partnerklöster ein einigermaßen engagiertes Site-Management vor Ort haben; das ist sehr wichtig für die spätere Kommunikation. Und fünftens: Die im Klosternetzwerk zusammen-geschlossenen Klöster sind gewissermaßen Eingangsportale zu ihren jeweiligen Kulturen. Dieser Aspekt ist noch eher eine Art Vision, auf die sich unsere Partner noch einlassen müssen. Im idealen Fall bilden sich um die einzelnen Mitglieder unseres Netzwerkes weitere regionale Netze, die durchaus auch wirtschaftliche, humanitäre oder touristische Komponenten haben können. Deshalb ist die Vereinbarung, die jedesmal geschlossen wird, kein Regelwerk mit detailliert festgeschriebenen Zielen und Programmen, sondern die Einladung zu einem nach allen Seiten offenen Entwicklungsprozess: So hat sich in der Kooperation mit dem Kloster Geghard die Musik als zentrales Thema erwiesen, mit Haein-sa verbindet uns ein gemeinsames Interesse an Vermittlungsfragen und in Müstair können alle Partner von einer vorbildlichen Denkmalpflege sehr viel lernen.

Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass Lorsch selbst eines der zentralen Postulate nicht zu erfüllen vermag: Hier leben seit 1557 keine Mönche mehr. Aber Lorsch ist in diesem Netzwerk gerade zur Zeit des Aufbaus eher so etwas wie ein Moderator, ein Kommunikator, ein Initiator jenseits des vielleicht sonst denkbaren Verdachts, in irgendeiner Weise religiöse Einflüsse ausüben zu wollen. Für die Zukunft wird es von ausschlaggebender Bedeutung sein, inwieweit es gelingen kann, die Klöster untereinander ins Gespräch und in Beziehung zu bringen; noch ist Lorsch eine Art Medium - die "Spinne im Netz" gewissermaßen.

Und für wen soll dieses Netzwerk von Nutzen sein? Zunächst einmal für die Welterbestätten selbst: für die Bestimmung ihrer Position im eigenen, nationalen Kontext, als Reservoir an Erfahrungen und Ideen im Umgang mit Denkmal, Öffentlichkeit und Nutzung, als Verbündete, wenn es darum geht, die eigene gesellschaftliche Relevanz auszubauen. Dann aber natürlich auch für jeden interessierten Menschen, dem sich durch dieses Netzwerk besondere Wege zu den verschiedenen Kulturen angeboten werden, nach Möglichkeit auch direkte, persönliche Begegnungen. Gerade für die Welterbearbeit mit jungen Menschen ist das ein ganz zentraler Aspekt: damit die großen Themen unserer Zeit wie der "Dialog zwischen den Kulturen" oder das Ziel einer "Kultur des Friedens" eben keine Worthülsen sind, sondern eine Chance haben, konkret zu werden und für jeden Einzelnen von uns wirkliche Betätigungsfelder zu eröffnen.

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