Jubiläumsausstellung präsentiert Neues zur Vergangenheit des UNESCO Welterbes Kloster Lorsch: „Geschichte schöpfen – Quellen aus einem Brunnen“
Ort
Zehntscheune
Veranstalter
SG
Termine
Mi, 06.10.2021, 10:00 Uhr - So, 30.10.2022, 16:00 Uhr
Die am 6. Oktober 2021
eröffnete Ausstellung “Geschichte schöpfen – Quellen aus einem Brunnen” der
Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen (SG) ist der Höhepunkt des
Jubiläumsprogramms zu 30 Jahren UNESCO Weltkulturerbe Kloster Lorsch.
Die Präsentation im Schaudepot Zehntscheune spiegelt nach Meinung der
Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Ayse
Asar, die Qualität und den Auftrag einer Welterbestätte. “Dies ist ein
authentischer Ort der Geschichte, an dem Menschen dank beispielhafter
Vermittlungsinitiativen von Neugierigen zu Wissenden werden. Kloster Lorsch hat
uns immer wieder mit Aufsehen erregenden Ausstellungen begeistert, darunter die
anthropologische Schau “Begraben und Vergessen. Knochen erzählen Geschichte” zu
menschlichen Überresten. Stets werden der Vergangenheit neue wichtige
Erkenntnisse entlockt und verständlich für das Publikum aufbereitet. Der
Atzmann ist eine Sensation.”
Werkstücke werfen neues Licht auf die Geschichte des Klosters
Die kostbaren Steinmetzarbeiten, die im oberen Teil des zehn Meter tiefen
barocken Brunnens verbaut waren, gehörten einmal zur Ausstattung der ehemaligen
Lorscher Nazarius-Basilika. Von dem Gotteshaus mit seinen Anfängen in der
Karolingerzeit, das als “Wunder an Pracht und Schönheit” gerühmt wurde, ist
heute nur noch der westliche Teil des Mittelschiffs (das sogenannte
Kirchenfragment) erhalten.
Zu den Werkstücken aus dem Brunnen gehören unter anderem die ornamentierten
Elemente einer Chorschranke aus romanischer Zeit sowie Fragmente von gotischen
Skulpturen mit bedeutenden Farbfassungsresten. „Die Entdeckung der
wiederverwendeten Spolien ist aus unserer Sicht nicht hoch genug
einzuschätzen”, sagt Kirsten Worms, Direktorin der SG. “Sie werfen ein neues
Licht auf die Geschichte des Klosters. Eine Blütezeit, unbestreitbar für die
Epoche der karolingischen Herrscher, ist jetzt auch für spätere Jahrhunderte am
Ort greifbar. Uns erscheint es sogar möglich, das Kloster in der Kunst und
Architektur des Hoch- und Spätmittelalters neu zu verorten. Wir freuen uns über
diesen großen Zugewinn an Erkenntnissen.“
Kuriosität: ein “Atzmann”
Unter den kunsthistorisch hochbedeutenden Funden ist beispielsweise ein
“Atzmann” aus dem 13. Jahrhundert: Diese seltene Bilderfindung gehört zu den
Kuriositäten steinerner Kathedralskulptur des Mittelalters: Er wurde als ein
Diener in Menschengestalt mit liturgischen Gewändern dargestellt, der auf
Brusthöhe eine Pultplatte vor sich hält. Insgesamt sind aktuell nur 20
Atzmänner erhalten. Das neu entdeckte Lorscher Exemplar fordert eine Bezugnahme
zu anderen heraus, beispielsweise zu jenen der weltbekannten Dome von Naumburg
und Straßburg sowie zum Atzmann in der ehemaligen Chorherrenstiftskirche St.
Peter in Fritzlar. Daher werden zum Vergleich diese drei “Verwandten” als
digitale Modelle und alle weiteren Pultträger mit Fotografien in der
Ausstellung gezeigt.
Der Brunnen gab Erzählung und Szenographie vor
Nach den Worten der Kuratorin und Baudenkmalpflegerin der SG, Dr. Katarina
Papajanni, wurden die Objekte mit hochpräzisen 3DScans erfasst und mit
unterschiedlichen Methoden der Bauforschung, Restaurierung und Kunstgeschichte
sowie der Naturwissenschaften dokumentiert und analysiert. Zudem habe man mit
den Funden früherer Grabungen einen erweiterten Kontext für manches
hinzugekommene Werkstück geschaffen: Korrespondierende Arbeiten aus dem
Altbestand des Lorscher Lapidariums wurden einbezogen. “Wir haben sämtliche
Blickwinkel auf das neue Material eingenommen, um sie disziplinenübergreifend
einzuordnen”, so Papajanni.
Auch der Brunnenschacht selbst war Gegenstand gründlicher Erforschung. Er gab
die Idee zu einer aufwändigen Szenographie für “Geschichte schöpfen – Quellen
aus einem Brunnen” der Gestalterin Sabine Gutjahr (Exposition, Frankfurt).
Papajanni und Gutjahr zielten darauf ab, die neuen Funde Interessierten aller
Altersgruppen – auch ohne Vorkenntnisse – in ihrer Attraktivität und Bedeutung
für Lorsch möglichst anschaulich vorzuführen.
Hinweis:
Die Ausstellung bleibt zunächst bis zum 28. November 2021 geöffnet.
In der
Winterpause der Zehntscheunde finden jedoch weiterhin Führungen nach vorheriger
Anmeldungen statt. Vom 1. März bis 30. Oktober 2022 ist die Schau wieder
uneingeschränkt zugänglich.
2022 erscheint zu “Geschichte schöpfen – Quellen aus einem Brunnen” eine umfangreiche Publikation im Verlag Schnell & Steiner
Verein zur Förderung des UNESCO Welterbes Kloster Lorsch e.V.
Adalherhaus | Postfach 1313
D-64649 Lorsch
post@foerderverein-kloster-lorsch.de
Verein zur Förderung des UNESCO Welterbes Kloster Lorsch e.V.
Adalherhaus | Postfach 1313 | D-64649 Lorsch
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